#SmartRestart - Schutzmassnahmenpaket für die Gesundheit und Wirtschaft der Schweiz

Dieses Paper zeigt einen smarten Weg auf und fordert die effiziente Umsetzung - ab ca. Mitte April bis anfangs Mai - eines Massnahmenkonzeptes, welches einen schrittweisen Austritt aus dem aktuellen lock down und damit einen Neustart in ein normaleres Leben ermöglicht und dabei die Gesundheit und Wirtschaft schützt.

#SmartRestart - Schutzmassnahmenpaket für die Gesundheit und Wirtschaft der Schweiz

von Martin Bäumle et al. 29.03.2020 / Version 5.1 (Stand 12.04.2020)

1. Abstract

Dieses Paper zeigt einen smarten Weg auf und fordert die effiziente Umsetzung - ab ca. Mitte April bis anfangs Mai - eines Massnahmenkonzeptes, welches einen schrittweisen Austritt aus dem aktuellen lock down und damit einen Neustart in ein normaleres Leben ermöglicht und dabei die Gesundheit und Wirtschaft schützt.


Dabei behält die Gesundheit und die Solidarität mit den besonders Gefährdeten weiter höchste Priorität.


Das zu implementierende Massnahmenpaket „SmartRestart“ besteht aus Reihenuntersuchungen, gezieltem Testen, Masken tragen und einem Contact Tracing z.B. via App. Letzteres gemäss Vorgaben des Datenschutzes und darf nur die zur Bekämpfung der SARS-CoV-2-Pandemie erforderlichen Daten erfassen und wird möglichst anonymisiert sein.


Wir müssen Kontrolle über die Situation gewinnen, um unser Leben (Gesundheit und Wirtschaft) zu schützen.


Aus Sicht der Autoren ist in einer Güterabwägung die minimale Einschränkung der Bevölkerung durch ein contact tracing (Datenerfassung) und einer Selbstbeschränkung im Falle von Warnungen den enormen Schäden eines längeren Lock-down für die ganze Wirtschaft und Gesellschaft sowie den enormen Einschränkungen aller Menschen durch den Lock-down mit allen gesellschaftlichen negativen Folgen und den Risiken eines ungenügend kontrollierten Restart gegenüberzustellen. Diese Einschränkung ist im Verhältnis zu den Alternativen ein vertretbarer Preis für die Chance eines erfolgreichen Restart zur Sicherung des Schutzes der Wirtschaft und Gesundheit.


Das Massnahmenpaket besteht im Weiteren aus Reihentests zur Klärung der aktuellen Immunisierung und der Dunkelziffer. Diese Dunkelziffer ist entscheidend zur Beurteilung der möglichen Lockerung der Schutzmassnahmen und zum Bestimmen des richtigen Zeitpunktes für einen schrittweisen Restart. Zudem sollen Tests des Umfeldes der bisher Erkrankten zum besseren Verständnis der Pandemieentwicklung und zur Reduktion der Ansteckungsrate beitragen. Weiter sind Vorgaben für das Tragen von Masken im öffentlichen Raum sinnvoll. Als zentralen Faktor des Paketes braucht es für die Autoren aber ein contact tracing (am ehesten eine App-Lösung und möglichst kompatibel im internationalen Kontext), da das Virus sich exponentiell über Kontakte weiterverbreitet.


Damit werden Informationen weitgehend anonym erfasst und unmittelbar notwendige Warnungen anonym allen indirekt Betroffenen zur Verfügung gestellt. So können Ansteckungen rasch erkannt werden und Betroffene mit einer gezielten Risikoabschätzung sofort gewarnt und zu verschärften Vorsichtsmassnahmen wie regelmässige Temperaturmessung, Maskentragen und zu einer raschen und gezielten Selbstisolation sowie zu einem raschen Test aufgefordert werden. Das ermöglicht neue Ansteckungsherde schnell zu isoliert und die Rate der Weiterverbreitung gezielt auf tiefem Niveau – Ziel unter 20 bis 50 neue positiv getestete Fälle pro Tag - gehalten werden. Nur mit diesen Massnahmen kann der heutige Blindflug in einen kontrollierten Sichtflug mit der richtigen Flughöhe überführt werden.


Dieses umfassende Konzept muss sofort gestartet werden, damit ab Mitte April entsprechende Daten vorhanden sind und ein schrittweiser Restart erfolgen kann, sobald die Ansteckungsraten unter einen definierten Wert (z.B. < 20) gesunken sind.


Damit kann die Wirtschaft schrittweise und gezielt mit Begleitmassnahmen hochgefahren und so vor massiven weiteren Schäden geschützt werden. Die Menschen erhalten unter Einhaltung gewisser Bedingungen den grossen Teil ihrer Freiheit zurück und können sich wieder freier in der Arbeitswelt und Freizeit bewegen. Schulen, Geschäfte und Restaurants können schrittweise in einer entsprechenden Priorisierung geöffnet werden. Dies erfordert aber von allen weiter eine hohe Selbstverantwortung, Solidarität und Transparenz.


Damit schützen wir am Ende nicht nur die Menschen und die Wirtschaft, sondern auch uns selber. Die Gesellschaft erhält Ihre Handlungsfähigkeit zurück und die Demokratie kann wieder ohne weitgehende Einschränkungen funktionieren.

2. Ausgangslage

Die weltweite und extrem schnelle Verbreitung des SARS-CoV-2 und die Risiken für die Gesundheit der Bevölkerung sowie die drohende Überlastung des Gesundheitssystem hat die meisten Staaten gezwungen, massive Einschränkungen der Bewegungen und in der Wirtschaft zu beschliessen. Dabei haben die meisten Staaten Unterstützungspakete für die Wirtschaft beschlossen – so auch die Schweiz.


Der seit dem 16.3.20 und mindestens bis zum 26.4.20 dauernde Lockdown in der Schweiz hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Wirtschaft. Es muss rasch eine Lösung gefunden werden, wie dieser Schaden für die Wirtschaft reduziert werden kann und ein schrittweises Hochfahren der Bewegungsfreiheit der Menschen ermöglicht. Der Lockdown hat zu massiven aber notwendigen Einschränkungen der Bevölkerung geführt und Einfluss, negativ sowie positiv, auf sozialer Ebene evoziert (Gewalt innerhalb Familie, etc.). Darum ist auch aus gesellschaftlicher Sicht ist ein schrittweiser Weg aus dem Lock-down zentral. Dabei muss jedoch der Schutz der Gesundheit Vorrang behalten und ein System eines Lockdown – restart – lockdown – restart… vermieden werden. Dazu ist durch geeignete Massnahmen sicherzustellen, dass beide Ziele erfüllt und mit geeigneten Massnahmen auch der Datenschutz sichergestellt wird:

  1. Möglichst rasche vollständige Fortsetzung der wirtschaftlichen Tätigkeiten und damit Vermeidung von volkswirtschaftlichen Kosten in Milliardenhöhe.

  2. Verhinderung einer weiteren Welle mit exponentieller Ausdehnung des Virus, bis eine gesicherte und wirksame Impfung und/oder wirksame Medikamente gegen die schweren Verläufe auf dem Markt und in genügender Menge vorhanden sind. 

  3. Eine Lösung sollte möglichst liberal und möglichst freiwillig funktionieren und sie sollte die neuen Erkenntnisse laufend in den Prozess einbauen.

Im Folgenden wird ein Paket von Massnahmen vorgeschlagen, welches diese Bedingungen erfüllen kann und jetzt rasch vorbereitet sowie umgesetzt werden muss, um dann zum Zeitpunkt X schrittweise den Restart einzuleiten und letztlich unser Leben wieder weitgehend normalisiert werden kann.


Aktuell kann man davon ausgehen, dass im Falle des Greifens und der konsequenten Fortführung der der bisherigen Massnahmen - die seit dem 16.3.20 gelten - bis gegen Ende April und dem raschen Hochfahren der Massnahmen gemäss Konzept die Ansteckungszahlen zwischen dem 15.4.20 und dem 30.4.20 (eigene Berechnungen in Szenarien s. Abb. 1) gegen Null (unter 25 pro Tag, besser unter 10 neue positiv getestete Fälle pro Tag gehen sollten und damit ein kontrollierter Restart je nach Entwicklung der nächsten Wochen zwischen dem 19.04. und anfangs Mai möglich wäre. Dabei kann bei konsequenter Umsetzung mit Monitoring eine tiefe Rate gehalten werden, welche die Risiken für die Gesundheit minimiert und das Leben weitgehend normalisiert. Bedingung dafür ist allerdings, dass der aktuelle Lockdown konsequent weitergeführt wird und die Bevölkerung sich an die Regeln hält. Weitere Schutzmassnahmen wie insbesondere Masken z.B. beim Einkaufen müssen eingeleitet werden.


Dieses Konzept muss solange aufrecht erhalten bleiben, bis eine wirksame Impfung und/oder wirksame Medikamente gegen die schweren Verläufe auf dem Markt und in genügender Menge vorhanden sind – mutmasslich bis Ende 2020.


Danach könnte das System schrittweise wieder heruntergefahren werden und als Grundlage für eine mögliche zukünftige Pandemie als Konzept aktiv bleiben (Notmassnahmen Pandemie). So könnte in einem neuen Fall rascher und vorausschauend das Konzept gestartet werden, um bereits eine erste Welle früher zu bremsen und zu unterbinden.


Gleichzeitig sind die weiteren notwendigen Massnahmen zu definieren (Grenzkontrollen, Testen von Einreisenden usw.).

 

3. Testing

A) Reihenuntersuchungen

Reihenuntersuchungen von mindestens 5‘000 bis 10‘000 Personen (primär Stichproben mit Bluttests und je nach Verfügbarkeit Tests mit Abstrichen) zur Klärung der Durchseuchung, Immunisierung, Latenz im Durchschnitt der Bevölkerung (analog zu Umfragen ein sauberes sample definieren). Hierzu sollen auch die bisher erfassten Daten der Kantone und Privater ausgewertet werden.


Damit kann wertvolle Information erhalten werden über die aktuelle Situation bzw. die Situation einige Tage vor der aktuellen Messung. Diese Reihenuntersuchung kann grundsätzlich jederzeit erfolgen, um mehr Informationen über die bisherige Ausbreitung und die Dunkelziffer zu erhalten. Sinnvollerweise sollten die Messungen ca. zwei Mal im Abstand von ca. 7-10 Tagen wiederholt werden, um die Entwicklung nachzuvollziehen.


Solche Reihentests sollten auch mit einer neuen Stichprobe mit einer gewissen Regelmässigkeit wiederholt werden (z.B. monatlich) über die nächsten Monate. Dies ergibt wertvolle Informationen für die Bewältigung der Pandemie und zur Justierung der Massnahmen.

 

B) Kontakt-Datenerfassung der bisher Infizierten vor Restart

Gezieltes Testen (zuerst nur Bluttest, bei Verfügbarkeit auch Abstriche) der Personen im engeren Umfeld der bisher Infizierten in Etappen (das dürften ca. 15-20‘000 sein) – z.B. priorisiert nach zuletzt Infizierten.

Aufspüren möglichst aller Kontakte ca. 5 Tage zurück und weniger als 5 Meter Abstand während 15 Minuten (z.B. Lebensmittelgeschäft) (dies primär aus den vorhandenen Handydaten und im Einzelfall Befragung) und diese Personen so rasch wie möglich (vor Restart) testen und in möglichst grosse Selbstisolation und nur mit Masken unterwegs (Schätzung: ca. 20‘000 bis 100‘000 Tests).

  • Wenn < 10 % positiv: keine weiteren Reihentests. Die anderen 90 % sollten möglichst wenig Bewegungen für 10-14 Tage vornehmen – möglichst starke Selbstisolation, Homeoffice, Masken tragen, Temperatur messen.

  • Wenn > 10 % bis < 25 % positiv: Aufspüren und Testen aller Kontakte bis 10 Tage zurück und weniger als 5 Meter Abstand während 15 Minuten. Die anderen sollten möglichst wenig Bewegungen für 10-14 Tage vornehmen – möglichst starke Selbstisolation, Homeoffice, Masken tragen, Temperatur messen.

  • Wenn > 25 % positiv: Aufspüren und Testen aller Kontakte bis 14 Tage zurück und weniger als 5 Meter Abstand während 15 Minuten. Die anderen sollten möglichst wenige Bewegungen für 10-14 Tage vornehmen – möglichst starke Selbstisolation, Homeoffice, Masken tragen, Temperatur messen.

  • Bei den positiv Getesteten aus obiger Kohorte: Erneut Aufspüren aller Kontakte ca. 5 Tage zurück und weniger als 5 Meter Abstand während 15 Minuten und diese möglichst wenig Bewegungen für 10-14 Tage vornehmen – möglichst starke Selbstisolation, Homeoffice, Masken tragen, Temperatur messen.

  • Diese Kaskade kann/muss so lange weitergeführt werden, bis die Anzahl der positiv Gefundenen minimal ist und damit das Risiko neuer Herde minimiert ist.

 

4. Masken tragen

Grundsätzlich müsste im Aussenraum und insbesondere in Geschäften bzw. weiteren Innenräumen mit Publikum eine Maskentragpflicht sofort eingeführt werden. Da aktuell zu wenige Masken vorhanden sind, müssten auch einfache Stoff-Masken (z.T. selber hergestellt) als Massnahme umgesetzt werden. Auch deren Wirksamkeit ist klar nachgewiesen, wenn alle bzw. insbesondere alle Infizierten eine Maske tragen.


Sobald eine wirksame App-Lösung funktioniert kann eine Tragpflicht für Masken je nach Umsetzung des Contact Tracing (z.B. Code) freiwillig sein, nur an exponierten Orten oder generell im externen Verkehr mit Publikum.


Ohne die Nutzung und Anwendung der App könnte aber eine umfassendere Tragpflicht weiter bestehen bleiben.


*Die Wirksamkeit auch von einfachen Masken (Einweg- oder Stoffmasken Eigenbau) führt nachweislich zu weniger Ansteckungen (Faktor 2-8) als ohne Masken.

 

 Quelle: Sui Huang, COVID-19: WHY WE SHOULD ALL WEAR MASKS — THERE IS NEW SCIENTIFIC RATIONALE, Institute for Systems Biology

 

5. Tracing mit App

Ein Digitalisierungsschritt mit einem Contact Tracing und einer möglichst effektiven und möglichst anonymen Rückverfolgung der Kontakte ist eine sinnvolle und notwendige Ergänzung, um zusammen mit den obigen Massnahmen einen schrittweisen Restart hin zu einer raschen Normalisierung zu ermöglichen.


Mit einer internationalen Harmonisierung könnte bei sehr hoher Durchdringung einer solchen App auch der internationale Reiseverkehr im Hinblick auf den Sommer wieder schrittweise gelockert werden. Damit könnte auch der internationale Bahn- und Flugverkehr wieder schrittweise aufgenommen werden.


Optimal wäre eine Open Source Lösung, um die Transparenz und Unabhängigkeit möglichst hoch zu halten. Es ist auch eine Lösung erwünscht, die keine, möglichst wenige oder nur anonymisierte Daten zentral speichern muss. Die Datenhoheit soll dabei grundsätzlich beim Dateneigentümer bleiben.


Für die wissenschaftliche Begleitung, für ein menschliches Contact Tracing und für die Prävention im Hinblick auf eine neue Pandemie – mit der wir leider rechnen müssen – wäre die Speicherung aller wesentlichen Daten anonymisiert von enormem Wert. Damit wären Auswertungen über eine Verbreitung je nach Ort, Zeit, Dichte, Innenraum oder Aussenraum und nach weiteren Faktoren wie Wetter, Temperatur usw. möglich. Diese Daten sind unschätzbare Grundlagen für die bessere Bewältigung einer Pandemie.


Deshalb ist zu prüfen, ob die Daten wirklich nur lokal gespeichert oder gleichzeitig auch zentral gespeichert werden können. Um die Diskussionen zu den Zielkonflikten möglichst gering zu halten, könnte die Weitergabe der Daten an einen zentralen Datenhub - ev. auch abgestuft – als Option in der App vorgesehen werden können.


Dies analog zur freiwilligen Datenfreigabe in der Medizin, welche dank diesen Daten auch wertvolle Erkenntnisse für die Weiterentwicklung gewinnen kann. Die Autoren sind überzeugt, dass eine grosse Mehrheit der Nutzer im Interesse der Forschung und Prävention dazu bereit wäre.


Grundlagen einer solchen Lösung: Annäherungen und Kontakte inkl. der Positionen (unter Nutzung aller Daten inkl. WLAN und Bluetooth) der App-user werden aufgezeichnet und grundsätzlich nur lokal gespeichert und/oder können zusätzlich freiwillig an einen zentralen Datenhub weitergegeben werden für eine weitere Auswertung. Standardmässig wäre diese Funktion der Weitergabe jedoch deaktiviert. Grundsätzlich können alle Daten anonymisiert werden.


Hierbei könnte der im Aufbau begriffene multi-nationale Vorschlag (Pepp-Pt), welcher auf einer lokalen Speicherung und Wahrung des Datenschutzes aufbaut (Privacy by Design) ein zielführender Weg sein.

Grundsätzlich könnten neben der Position und einer ID (z.B. Handy-ID beim Provider) sinnvollerweise Geschlecht, Alter, Vorerkrankungen und Risiken in Typisierung (z.B. Bluthochdruck, Raucher, Herzproblem, Krebs…) erfasst werden. Eine Verknüpfung mit dem Namen und weiteren Daten ist nicht erforderlich.


Wichtig bleibt, dass die Daten zuverlässig und fälschungssicher erfasst und gespeichert werden, um Missbrauch von z.B. falsch positiven Warnungen zu verhindern (Trollschutz). Dies würde das Vertrauen in die App untergraben und deren Nutzung bremsen oder sogar blockieren.


Ob und wie weit eine personifizierte Identifikation zur Kontrolle und Verifizierung z.B. der Tests nötig ist, ist zum heutigen Zeitpunkt nicht vollständig klar.


Mit der Auswertung der zusätzlichen Daten könnten wichtige Informationen für die Bekämpfung des Virus gesammelt werden, um Werte wie die Inkubationszeit, die Ansteckungsrate und die Dauer der Ansteckungsgefahr usw. besser zu verstehen (das wäre auch wertvoll für die Vorbereitung auf eine mögliche nächste Pandemie).


Die Daten dürfen ausschliesslich für die Schutzmassnahmen gegen SARS-COV-2 verwendet werden und nach der Pandemie ausschliesslich anonymisiert für die Forschung und die Prävention weiter verwendet sowie gespeichert werden. Die App würde nach Ende der Pandemie wieder ausgeschaltet bzw. könnte gelöscht werden.


*Eine weitere Auswertung von Daten gemäss Konzept müsste ausgeschlossen werden. Für Ausnahmen wie z.B. Unfälle oder Verbrechen mit möglicher Todesfolge müsste eine Auswertung von richterlichen Behörden bewilligt werden und mit einer Rekursmöglichkeit versehen sein. Eine aufschiebende Wirkung dürfte nur verweigert werden, wenn damit mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Verbrechen an Leib und Leben verhindert werden kann.


Mit all diesen Massnahmen kann der Datenschutz weitestgehend gewahrt werden. Die minimalen Einschränkungen sind in einer Güterabwägung in der aktuellen Notlage wohl wesentlich geringer als ein weiteres Verharren im Lockdown, einem Blindflug bezüglich Daten und den massiven Schäden für Wirtschaft und Gesellschaft ohne eine solche Lösung.


**dabei sollte sich die Datenbehandlung an den Forderungen der „Joint civil society statement: States use of digital surveillance technologies to fight pandemic must respect human rights“ (https://www.amnesty.org/download/Documents/POL3020812020ENGLISH.pdf ) ausrichten. Damit können die Bedenken einer unerwünschten Entwicklung klar ausgeschlossen werden und das Vertrauen der Bevölkerung gesichert werden. Das allfällige Datahosting und der Umgang mit den Daten müsste von einer unabhängigen Stelle (z.B. einer Hochschule) erfolgen unter der Kontrolle z.B. der GPDEL und allfällig unterstützt von Fachleuten und dem Datenschützer. Damit kann das Vertrauen für die korrekte Umsetzung gesichert werden.


Beispielhaft wird im Anhang 1 mit einer Farbcodierung in der App ein möglicher differenzierter Umgang präsentiert, um die Isolation bezüglich Dauer und Anzahl so kurz und so tief wie möglich, aber so wirksam wie nötig zu halten. Zudem können so besonders Betroffene schneller und gezielter erreicht werden, schneller medizinisch befragt und möglichweise frühzeitig getestet sowie adäquat behandelt werden.


Die Autoren sind damit sehr offen für Lösungen, welche ohne eine zentrale Datenspeicherung auskommen und die erforderlichen Daten nur lokal speichern und mit entsprechenden Algorithmen das Ziel ebenfalls erreichen können. So könnte die Position bei Kontakten zwischen X und Y zwar erfasst, aber je nach Ort (z.B. Bar oder Gartenrestaurant) dann mit dem Algorithmus risikogewichtet verrechnet werden und so die Position nicht gespeichert, aber als Grundlage für die Risikobeurteilung bei X und Y lokal in der App gespeichert werden.


Damit könnten die Bedenken derjenigen, die eine Überwachung ihrer Bewegungen fürchten und strikte ablehnen zerstreut werden.


Wichtiger, als die genaue Ausgestaltung von Apps, ist letztlich, dass Apps in eine hohe Verbreitung benutzt werden; insbesondere bei den Personen, die sehr mobil sind und viele Kontakte mit anderen Menschen haben. Es ist eine Abdeckung von mindestens 65 % nötig, besser wäre sogar über 80%. Je tiefer die Abdeckung ist, desto weniger Nutzen kann eine App entfalten und desto grösser ist das Risiko eines erneuten Aufflammens einer Ausbreitung, welche nur durch einen erneuten Lockdown bzw. massive Einschränkungen wieder gebremst bzw. gestoppt werden kann und unbedingt verhindert werden muss.


Beispiele aus anderen Ländern zeigen, dass eine zu geringe Durchdringung offenbar nicht ausreicht und eine erneute Welle nicht ausgeschlossen werden kann. Je höher die Abdeckung, desto rascher und umfassender kann die Lockerung der Massnahmen erfolgen und nachhaltig bleiben, wenn die Schutzmassnahmen konsequent weitergeführt werden. Das Prinzip „einer für alle und alle für einen“ kann hier sinnbildlich verwendet werden.

 

6. Routineprozess nach Restart

Gezieltes Befragen (menschliches Contact Tracing durch Interviews) und Testen möglichst vieler Personen zur Früherkennung möglicher Infektionsherde oder Risikobereiche (z.B. im Umfeld Gesundheitswesen oder bei häufigen Kontakten wie Krippen usw.).


Zusätzlich sind an gewissen Orten Temperaturmessungen als zusätzliche Schutzmassnahme zu ermöglichen z.B. Restaurants, Geschäfte u.a.


Aufforderung für gezieltes Testen aller Personen im Umfeld einer neu infizierten Person durch z.B. Positivtest nach Symptomen oder Temperaturmessung oder aus einem Reihentest:


Vorgehen im Grundsatz wie gemäss Punkte 2:


Aufspüren möglichst aller Kontakte ca. 5 Tage zurück und weniger als 5 Meter Abstand während 15 Minuten und gewichtet nach Ort (Innenraum oder Aussenraum). Dies primär aus den Daten der App und im Einzelfall Befragung. Diese Information können mit dem App ohne Verzögerung und automatisiert an die betroffenen Personen gemeldet werden (z.B. push-Nachricht oder automatisierte Info in der Applikation).


Die auf diese Weise informierten Personen sollten dann so rasch wie möglich zu einem Test gehen und zumindest bis dahin in möglichst grosser Selbstisolation und nur mit Masken unterwegs sein. Da ein schrittweiser Restart erst bei tiefen Neuansteckungsraten erfolgen kann, sollte diese Anzahl immer gering sein und die Tests innert 1-2 Tagen bewältigt werden können. Zudem ist möglicherweise ein zweiter Test nach einigen Tagen zur Erhöhung der Datenqualität sinnvoll.

  • Wenn < 10 % positiv: keine weiteren Reihentests. Die anderen 90 % sollten möglichst wenige Bewegungen für 10-14 Tage vornehmen – möglichst starke Selbstisolation, Homeoffice, Masken tragen, Temperatur messen.

  • Wenn > 10 % bis < 25 % positiv: Warnen/Aufspüren und Testen aller Kontakte bis 10 Tage zurück und weniger als 5 Meter Abstand während 15 Minuten. Die anderen sollten möglichst wenige Bewegungen für 10-14 Tage vornehmen – möglichst starke Selbstisolation, Homeoffice, Masken tragen, Temperatur messen.

  • Wenn > 25 % positiv: Warnen/Aufspüren und Testen aller Kontakte bis 14 Tage zurück und weniger als 5 Meter Abstand während 15 Minuten. Die anderen sollten möglichst wenige Bewegungen für 10-14 Tage vornehmen – möglichst starke Selbstisolation, Homeoffice, Masken tragen, Temperatur messen.

  • Sollte es neue positive Fälle aus obiger Kohorte geben: Zusätzliches Warnen/Aufspüren der Kontakte ca. 5 Tage zurück und weniger als 5 Meter Abstand während 15 Minuten und diese möglichst wenig Bewegungen für 10-14 Tage vornehmen – möglichst starke Selbstisolation, Homeoffice, Masken tragen, Temperatur messen.

  • Diese Kaskade kann/muss so lange weitergeführt werden, bis kein positiver Fall gefunden wird und das Risiko neuer Herde minimiert ist.

  • Im optimalen Fall sind das täglich nur wenige 100 Fälle.

 

7. Schrittweiser Restart

Nach Implementierung des obigen Massnahmenpaketes kann je nach Resultaten der Reihenuntersuchungen schrittweise langsamer oder schneller in den Restart gegangen werden. Die folgende Aufzählung ist nur beispielhaft zu verstehen:

  • Schulen öffnen (Kindergarten und Primarschulen zuerst), Oberstufen erst später und Gymnasien und Universitäten nochmals später.
  • Geschäfte/Läden öffnen
  • ÖV schrittweise wieder hochfahren
  • Büroarbeit wieder verstärkt vor Ort
  • Restaurants öffnen
  • Reisetätigkeiten im Inland zulassen
  • Grenzgänger vereinfacht zulassen
  • Erst später Risikogruppen wieder in Berufsprozess zulassen
  • Und auch später Menschen ab 65/70 wieder aus der Selbstisolation lassen, allerdings weiter möglichst geringe Bewegungen auch im Sinne der Solidarität.

Reisen in die Schweiz und aus der Schweiz müssen bis auf weiteres stark reguliert bleiben. Diese können erst bei einer zuverlässigen internationalen Lösung schrittweise gelockert werden.

  

8. Schlussfolgerungen

Ein gezielter Restart muss smart sein und kann das nur, wenn er gestützt auf ein dynamisches Schutzmassnahmenpaket beruht. Erst dann haben wir eine echte und gute Chance, um aus diesem Tiefschlaf, dem Lockdown, herauszukommen. Dieser kostet täglich bis zu einer Milliarde Franken, droht die Wirtschaft abzuwürgen bzw. in extremer Weise negativ zu tangieren. Zudem wird das Leben der Menschen schwer gemacht durch Isolation, Angst, Einsamkeit, Unsicherheit, Arbeitslosigkeit etc.


Wir können daher nicht zu lange in diesem Lockdown verbleiben, denn ein Restart ohne dynamische Schutzmassnahmen wird die Gesundheit und Wirtschaft in extrem hohem Masse negativ tangieren und schliesslich braucht die Wirtschaft gesunde Menschen, die ohne Angst leben, arbeiten und konsumieren.


Ein gezielter Restart eröffnet uns dagegen die Chance mit einem Minimum an Kosten die Risiken und Schäden für die Gesundheit, die Wirtschaft und die Gesellschaft zu reduzieren.


Es geht dabei um eine Güterabwägung der Einschränkungen: Die Massnahmen im Konzept – insbesondere die Speicherung und eventuelle Freigabe von gewissen Daten zur möglichst schnellen Erfassung der potenziellen Ansteckungen und einer schnellen Information an Betroffene und dadurch gezielte Isolierung von Risiken und rasche Klärung durch Testen – ist eine Einschränkung der persönlichen Freiheit.


Auf der anderen Seite stehen der Gewinn der Freiheit für die ganze Gesellschaft und Wirtschaft ab hoffentlich anfangs bis Mitte Mai.


Die Einschränkung bezüglich Contact Tracing ist um ein Vielfaches geringer als die Aufgabe der Freiheit bei einem längeren Lockdown, einer Restart - Lockdown – Restart – Lockdown Kaskade oder den Einschränkungen durch die Separierung und Isolierung der besonders Betroffenen über möglicherweise Monate. Der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Schäden wäre unermesslich.

 

 

 

Anhang 1: mögliche Codierung App

Mögliche Farbcodierung auf App und Massnahmen dazu (dies kann auch anders ausgestaltet werden, soll aber beispielhaft eine mögliche Lösung aufzeigen):


Blau: immunisiert und damit freier Zugang zu allem, auch zu Kranken, kann als Helfer im Gesundheitswesen oder für Versorgung besonders gefährdeter Personen eingesetzt werden.

 

Grün: keine Infektion vorhanden / nachgewiesen: freier Zugang zu allen Orten, ausser Krankenhäuser, Spitäler u.ä. – Maskentragen nur an dicht frequentierten Orten, sonst freiwillig.

 

Gelb: Aufgrund Trajektorienrechnung möglicherweise infiziert und daher mit eingeschränktem Radius (keine Ansammlungen, Restaurants, Bars u.ä.) und obligatorisch mit Maske ausserhalb Privat, bist ein Test entweder
a) Antikörper nachweist (Code blau)
b) keine Infektion ergibt (Code grün)
c) Test ergibt C19 pos: (Code rot)
d) nach 14 Tagen keine Symptome aufgetreten sind

orange: höhere Wahrscheinlichkeit einer Infektion und damit sicherheitshalber 14 Tage Selbstisolation/Homeoffice und nur minimale Bewegung und nur mit Maske (stark reduzierter Radius auf notwendige Bewegungen.

 

rot: Aufgrund Testresultat positiv getestet und keine Antikörper, keine oder nur schwache Symptome und keiner Risikogruppe angehörig: Selbstisolation für 14 Tage und nach Möglichkeit getrennt von Familie/Partner (räumlich oder generell) bzw. diese ebenfalls in Selbstisolation (CODE orange).


dunkelrot: Aufgrund Testresultat positiv getestet und keine Antikörper, Symptome und Risikogruppe angehörig: Selbstisolation für 14 Tage und nach Möglichkeit räumlich getrennt mit Massnahmen von Familie/Partner und diese ebenfalls in Selbstisolation. Tägliches Abfragen des Zustandes und bei starken Symptomen Einweisung Spital.


Zusatzcode für Angehörige einer Risikogruppe mit Risikofaktoren (65 plus (+), 75 plus (++), Vorerkrankung wie Herzproblem (+), Bluthochdruck (+) usw., schwerere oder akutere Vorerkrankung (++)
+: mind. ein Faktor: z.B. 65 plus oder Bluthochdruck
++: mind. zwei Faktoren: z.B. 75 plus oder 65plus und Bluthochdruck oder zwei Vorerkrankungen
+++: mind. drei Faktoren: z.B. 75 plus und Bluthochdruck oder 65 plus zwei Vorerkrankungen
Empfehlung je nach +, ++ oder +++:

reduzierte Bewegung (Ansammlungen meiden) / nur zwingende Bewegungen (Einkauf, Arbeit) / möglichst Null Bewegungen (starke Selbstisolation) und Kontakte möglichst/sehr/vollständig meiden. Empfehlung Masken tragen im öffentlichen Raum.

 

Anhang 2: Szenarien der Fallentwicklung (Schätzung)

 

 

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